Klavierkonzert Ivo Boychev.
Ein neuer Begriff in Bad Bentheim. Hennekens Hof, ‘Das kleine Musiktheater’ heisst der Unter-titel. Seit einigen Monaten existiert dieses kleine, gediegene Kulturzentrum hinten in der Wilhelmstrasse. Man ist verblüfft, wenn man das Anwesen betritt. Wie in einem Puppenhaus reiht sich Raum an Raum aneinder und schliesslich ist man in einem anheimelnden Konzertsaal. Überall herrscht wohltuende Eleganz, ohne übertrieben zu sein. Das Ambiente ist bis in den aussenliegenden Hof hinein sympathisch-schön zu nennen.
Unser Besuch nu galt der Musikveranstaltung mit dem jungen Pianisten Ivo Boytchev. Der 1970 geborene Bulgare hat eine klassische Pianistenausbildung hinter sich und ist in der Musikwelt schon ein Begriff. Bereits als 17jähriger spielte er mit dem Philharmonischen Orchester Varna, der bulgarischen Hafenstadt an der Schwarzmeerküste. Danach bewältigte er alle nahmhaften Komponisten der Klaviermusik – von Beethoven bis Mozart, von Grieg bis Max Reger – um nur einzige zu nennen. Auf dem Programm standen diesmal Werke von Franz Liszt und Chopin. Zuerst Franz Liszt: 5 Klavierstücke. Hier ahnt man schon die Perfektion des jungen Künstlers: Zartheit und Kraft im Anschlag, Verhalten und Aufbrausen in den einzelnen Passagen, und Exaktheit in allen Petitessen. Schon hier jeder Zoll ein gestandener Pianist. Auch im ausseren strahlt er das aus, was den Künstler von Weltrang ausmacht: Sicherheit im Auftreten, sympati-sches Äusseres und einnehmende Manieren. Keine Spur von Arroganz oder Eitelkeit! Nun ist dieser intim zu nennende Konzertsaal nicht auf grosse Akustik angelegt. Hall und Widerhall halten sich in Grenzen. Aber was dieser brillant eingeübter Meister der Tasten zu Gehör bringt, das macht alle vermutbaren Einschränkungen vergessen. Das gut gestimmte Instrument – ein Bechstein-Flügel – wurde vom Künstler so gekonnt genutzt, dass der vollbesetzte Saal wie gebannt den Tönen lauschte.
Beeindruckend war der zweite Programmpunkt, der Vita Crucis, der Kreuzweg Christi. Die 14 Stationen des Leidensweges hat Franz Liszt geradezu ergreifend vertont. Alle Stimmungen und Szenen des Neuen Testaments aus der Karwoche waren musikalisch nachzuempfinden. Die Passion ist ein Werk der Klassik, mit dem sich viele Komponisten befasst haben. Die Musik-literatur bietet davon jedem Musikkenner das Seinige: von Bach bis Schubert, Händel und vielen anderen haben sich die Grossen der Musik ihr jeweiliges Denkmal gesetzt.
In der Pause – man höre und staune – gab es Kaffee mit Kuchen. Das wird von den Besuchern gern angenommen, zumal es hausgemachter Kuchen ist. Danach kam noch einmal Franz liszt mit 3 Consolations zum Zuge und als Abschluss Frederic Chopins Scherzo Nr.1 und Scherzo Nr.3. Der Pianist zeigt hier tatsächlich chopineskes Gebaren. Das hätte den alten Chopin in helles Entzücken versetzt. Der Künstler zog alle Register. Er spielte so sauber, so ohne jegliche ‘Patzer’, somit so sicher und perfekt, dass der Schlussapplaus kaum enden wollte. Hier spielte ein Mann, keine zartfingrige Pianistin, fortissimo und piano, allegro, allegretto und wie die feinsinnigen Begriffe alle heissen. Und das Publikum war sich einig: Welch ein Talent wuchs hier heran!